Leserbrief von Kerstin Rinke als Antwort auf einen Kommentar in der Mitteldeutschen Zeitung
Sehr geehrter Herr Gauselmann,
Ihr Kommentar „Wie das Kaninchen vor der Schlange“ vom 04.05.2021 hat mich doch etwas verwundert zurückgelassen.
Sie schreiben darin: „Klarer als Haseloff und Landesparteichef Sven Schulze kann man eine Zusammenarbeit mit der teilweise rechtsextremen AfD nicht ausschließen. Dass dennoch eine solche innerparteiliche Debatte aufkommt, zeigt, wie verunsichert die CDU-Basis ist.“
Als ehemaliges CDU-Mitglied, dass die Ereignisse der letzten Jahre sehr genau verfolgt hat, kann ich Ihnen dazu nur sagen: Die Mitglieder der CDU, die sich in diesem offenen Brief an ihre Parteispitze gewandt haben, sind keineswegs verunsichert. Sie haben nur feststellen müssen, dass die Reaktionen der Parteispitze immer nur situativ erfolgten, ohne die Ursache anzugreifen. Es sind eine Vielzahl von Ereignissen, die befürchten lassen, dass es zwar eine Beschlusslage der Bundes- und Landes-CDU zur Koalition mit der AfD und der Linken gibt, aber Grenzen immer wieder ausgelotet und verschoben werden. Wenn Sie sich einen kurzen Überblick verschaffen wollen, dann empfehle ich Ihnen, nur kurz diesem Link zu folgen, der eine Zusammenfassung der Ereignisse gibt:
Auch in Ihrer Zeitung wurden die Flügelkämpfe thematisiert. (https://www.mz.de/mitteldeutschland/sachsen-anhalt/sachsen-anhalt-cdu-fluegel-stellt-kenia-koalition-in-frage-31368629)
Ja, der Landesvorstand hat auf alle diese Ereignisse reagiert und sich klar positioniert.
Aber dann mussten die Mitglieder erleben, dass sich auf der Landesliste der CDU zur Wahl des Landtags gerade die Landesparlamentarier auf den vorderen Plätzen befinden, die sich eben auch für eine Minderheitsregierung mit Tolerierung durch die AfD ausgesprochen hatten.
Und einen Tag (03.05.2021) vor Ihrem Kommentar erschien in Ihrer Zeitung die Kandidatenvorstellung von Oliver Kirchner, AfD-Fraktionschef im Landtag Sachsen-Anhalt.
Auch er wurde zu einer möglichen Koalition mit der CDU befragt:
MZ v. 03.05.2021 S. 3: Er wolle eine Art Achse mit einer konservativen CDU bilden, um Linke, SPD und Grüne in die politische Bedeutungslosigkeit zu verbannen… Natürlich sind ihm große Teile der CDU zu weich für eine Zusammenarbeit. Doch auf die Frage, ob er sich eine Koalition vorstellen könne, betonte er: „Es ändert sich da ja auch einiges.“ Er meint die Zusammensetzung der CDU-Fraktion. „Einige sind dann nicht mehr dabei, andere kommen dazu. Da werden wir mal sehen, wie die Gespräche weitergehen.“ Dass er eine CDU-Minderheitsregierung tolerieren würde, hat er schon erklärt. Und betont: Der Umgang zwischen AfD und CDU sei in Sachsen-Anhalts Landtag jedenfalls besser als anderswo.“
Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten:
1. Kirchner will die CDU provozieren und stellt etwas in die Öffentlichkeit, was jeglicher Grundlage entbehrt. Dann spricht nichts dagegen, dass die Landtagskandidaten sich positionieren und das Ränkespiel der AfD entlarven.
2. Es gibt diese Gespräche zwischen Teilen der CDU und der AfD. Dann ist die Forderung der Unterzeichner und Unterstützer des offenen Briefes nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig.
Ich persönlich bin stolz darauf, dass sich nicht nur die Lauten, Extremen äußern, sondern dass Diejenigen, die aus tiefsten Herzen demokratisch handeln und fühlen und die Grundwerte der CDU verteidigen, an die Öffentlichkeit gegangen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Rinke
Danke, liebe Frau Rinke, für die schonungslose Analyse und es ist sehr schade, dass Sie nicht mehr CDU-Mitglied sind. Ihre Entscheidung respektiere und akzeptiere ich, wünsche mir mehr offene Stimmen zu keiner Zusammenarbeit mit der AfD.
Frage mich, warum soviele Menschen, auch CDU-Mitglieder, schweigen.
Die Lage ist ernst.
Mit freundlichen Grüßen Carmen Niebergall
Ich stehe vol hinter der Gruppe, obwohl ich auch schon lange nicht mehr CDU-Mitglied bin.